Kämpfen als Lebensschule - Mai 2009

Kämpfen als Lebensschule

Der Erfurter Kampfsportler Christian Schwäblein boxt am Pfingstsonnabend in der Thüringenhalle – Ein Interview



Er sitzt entspannt auf der Treppenstufe vor seiner Kampfsportschule. „Viele meinen, Kampfsport sei etwas für Solisten. Aber individuelle Ziele erreiche ich nur mit den anderen.“ Trainingspartner, Betreuerteam, Unterstützer: Für den Erfurter Kampfsportler Christian Schwäblein (32) ist das eine untrennbare Einheit. Am Pfingstsonnabend wird er in der Erfurter Thüringenhalle vier Runden Profiboxen zeigen.

Eigentlich wollte ich mit Christian Schwäblein über den bevorstehenden Boxkampf sprechen: Wie er sich vorbereitet, was er über seinen Gegner denkt, wie lange er schon im Boxgeschäft tätig ist. All die Fragen also, die Boxer und Sportler überhaupt immer wieder gefragt werden. Doch irgendwie will das mit Christian Schwäblein nicht gelingen.

Ich habe mich mit ihm in seiner Kampfsportschule „Contact Sports Club“ in Erfurt verabredet. Dort bereitet er sich vor, trainiert mit seinen Sportlern. „Mein Herz schlägt für die Profis“, sagt er. Christian Schwäblein liebt das erfolgsorientierte Arbeiten. Er hat Ziele für sich selbst, für seine Schule und für die, die hier trainieren. Immer wieder steht für ihn die Kampfsportschule im Mittelpunkt seines Erzählens.

Der Contact Sports Club bietet ihm optimale Trainingsmöglichkeiten. Sandsäcke jeder Größe hängen von der Decke, Pratzen stehen ordentlich gereiht in den Regalen, den Boxring kann man von der Straße aus sehen, wenn man vor dem Schaufenster steht. Der Name der Schule ist zugleich Programm: Kontakt. Kontakt beim Kämpfen, sei es Boxen, Kickboxen, das durch große Sportsender bekannt gewordene K1 oder auch die Selbstverteidigung. „Vielseitigkeit zählt bei uns, so daß jeder Sportler seine Nische finden kann“, sagt er. „Aber wir kämpfen immer mit Kontakt, nicht gegen imaginäre Gegner“, fügt er lachend hinzu.

Seit wenigen Tagen gesellt sich dazu ein weiterer Bereich: Nach über 200 Ausbildungsstunden hat Christian Schwäblein seinen Abschluß als „Civil Instructor“ für Krav Maga gemacht. Krav Maga ist das israelische Selbstverteidigungssystem, das auf den natürlichen Reflexen des Menschen aufbaut und ziemlich schnörkellos arbeitet. „Dieses System hat einen sehr methodischen und didaktischen Ansatz, den ich sofort bei mir im Training anwenden kann“, erklärt er mir begeistert.

Wer Christian Schwäblein im Training oder als Trainer erlebt, sieht schnell, was er mit all dem meint. Er liebt es, an Grenzen zu gehen, die Grenzen zu verschieben. Wer mit ihm Sparring macht, spürt körperlich die Lücken in der eigenen Deckung – und hat zugleich eine ganze Menge über sich und den Sport gelernt.

Was für die Profis gilt, überträgt er auf den Freizeitsport. „Viele kommen zu uns, weil sie etwas für ihre Gesundheit tun wollen, weil sie Ausgleich suchen und eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung“, erklärt er geduldig. Wenn Eltern ihre Kinder schicken, weiß er um den Erziehungsauftrag, den er gleichzeitig mitbekommt. „Hier können Jugendliche lernen, daß sich Zielstrebigkeit und Durchhaltevermögen auszahlen.“ Und das seien schließlich Eigenschaften, die in der Schule genauso zählen wie später im Beruf.

Wie wird der Kampf am Pfingstsonnabend ausgehen? Christian Schwäblein lacht: „Ich trete nicht an, um mich verhauen zu lassen.“ Seine Augen blitzen dabei wach und konzentriert. Genauso hat er geschaut, als er zuvor am Sandsack stand und Techniken trainierte: entschlossen, schnell und hart. Für Christian Schwäblein ist Kämpfen eine Lebenshaltung – und dann auch noch ein interessanter, abwechslungsreicher und ziemlich herausfordernder Sport.




Erschienen in der Thüringer Allgemeinen, Mai 2009

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