Motorsport mit Herz 2 - Heiko Fulsche - April 2009

Rennfahrer zum Anfassen

Heiko Fulsche fährt seit diesem Jahr Rundstreckenrennen – Heimspiel beim Erfurter Stadtkursrennen im Mai

Ein Auto aufbocken, um ganz schnell alle vier Räder gleichzeitig zu wechseln? Beim Seat Leon SuperCopa dauert das nur zwei Sekunden: Druckluftschlauch beim rechten Rücklicht einstecken, Luft geben und schon fahren drei Metallstelzen im Unterboden aus, die den Wagen gut dreißig Zentimeter nach oben drücken. Wofür braucht man das?

Heiko Fulsche (33) aus Erfurt fährt seit diesem Jahr Rundstreckenrennen beim New Tourenwagen Cup des ADMV, dem in Thüringen angesiedelten Allgemeinen Deutschen Motorsportverband. Seinen Einstand feierte er bei dieser Rennserie Mitte April in Hockenheim. Bei strömendem Regen gewann er gleich den ersten Meisterschaftslauf, im zweiter Rennen wurde er zweiter.

„Eigentlich komme ich aus der Speedszene“, bekennt der gelernte Automechanikermeister Fulsche. Als Jugendlicher schon liebte er es, die letzten Reserven aus den Motoren herauszukitzeln. Doch die öffentlichen Straßen waren die einzige Gelegenheit, sich mit den Kumpels zu messen. Schon damals fand die Polizei das nicht korrekt, und so endete das Kräftemessen vor dem Richter.

„Jugendsünden“ nennt Heiko Fulsche das und hat längst den Weg in die offizielle Rennszene gefunden. In Veranstaltungen wie den Speeddays auf dem Flugplatz in Alkersleben, an deren Zustandekommen er maßgeblich beteiligt war, können die Beschleunigungsfreunde ganz legal gegeneinander fahren. Die Herausforderung: die Viertelmeile, also 402 Meter, so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Heiko Fulsche und sein Bruder Thomas schafften das mit ihren Autos in etwa zehn Sekunden.

„Die Rivalität der Fahrer untereinander ist ziemlich groߓ, erzählt Heiko Fulsche. Da könne es schon passieren, daß sich die verschiedenen Fans beschimpfen und die Leistungen des Gegners verbal zu schmälern versuchen. Darauf hatte er irgendwann mal keine Lust mehr.

Der Schritt zur Rundstrecke eröffnete motorsportlich völlig neue Herausforderungen. Er schloß sich dem ADMV an und gewann damit eine neue sportliche Familie. „Ich fühle mich im Umfeld von Wolfgang Finke sehr wohl“, stellt er fröhlich fest. Finke ist Cup-Chef des ADMV und rühriger Betreuer seiner Fahrer.

Das Auto von unten

Rundstrecke bedeutet, daß die Fahrer aller Klassen gemeinsam dreißig Minuten gegeneinander fahren. Ein vorangegangenes Qualifying ermittelt die Startreihenfolge. Heiko Fulsche steht mit seinem Seat Leon meistens ganz vorne. Nach drei oder vier Runden hat er die langsameren Fahrer eingeholt. Von jetzt an muß er überholen, die Lücke suchen und sich dabei noch geschickt von den Verfolgern absetzen. Ohne fahrerisches Können würde er all das nicht bewältigen. Dazu kommt, daß bei Sonnenschein die Temperaturen im Auto auf sechzig bis siebzig Grad ansteigen. Mit Rennoverall und Helm wird dann Rennfahren zur echten Herausforderung. „Ohne Fitneß hält man das nicht durch“, bekennt Heiko Fulsche.

Auch wenn die Rundstreckenfahrer allesamt Amateure sind, so ist ihr Auftreten ziemlich professionell. „Rivalen sind wir nur auf der Rennstrecke, danach gibt es wieder Händeschütteln.“ Unfaires Verhalten lehnen die Fahrer ab. Gewinnen wollen sie mit sportlichen Mitteln. Lackaustausch, wie man Rempeleien von Blech zu Blech verharmlosend nennt, ist darum auch die Ausnahme. „Wir respektieren uns und unsere Fahrzeuge.“

Heiko Fulsche mit seinem 340-PS Seat Leon

Das Erfurter Stadtkursrennen am 23. und 24. Mai ist für das Fulsche-Team ein Heimspiel. Hier will er sich von seiner besten Seite zeigen und damit auch seinen Sponsoren Dank sagen. Ohne die, das ist ihm klar, könnte er Rundrennen nicht fahren.

Der Kurs auf dem Glinicke-Gelände ist fahrerisch anspruchsvoll. Es gibt viele weiße Streifen, auf denen die Reifen keinen Grip finden. Gullideckel und Bordsteinkanten sind weitere Herausforderungen. „Wer die mitnimmt, muß sein Auto abstellen. Wir gehen sehr respektvoll an die Sache.“

Für die Zuschauer werden die Meisterschaftsläufe des ADMV ein sportlicher Höhepunkt werden. Und da Heiko Fulsche der einzige Rundstreckenfahrer aus Erfurt ist, dürfte es klar sein, wen die Fans an der Strecke anfeuern.

Und wenn man ihm dann zu seinem Sieg gratulieren will? Nichts einfacher als das: Ins Fahrerlager gehen und die Hand schütteln. „Formel 1 und DTM sind für 99,9 Prozent der Menschen unerreichbar“, weiß Heiko Fulsche. „Aber bei uns ist alles zum Anfassen.“ Wer also liebevoll ein Rennauto streicheln will, braucht den Fahrer nur zu fragen. Und bei echtem Interesse öffnet er auch die Motorhaube und plaudert über die technischen Besonderheiten. seines 340-PS Seat Leon.

Mehr über Heiko Fulsche und seine Rennaktivitäten findet man im Internet unter km-tuning.de .


Bernd Seydel