Aufgaben der Mundwerkstadt

Das Spiel im Sprechen, das Spielen mit der Sprache, hat den Menschen zu allen Zeiten vergnügt- und ihn zugleich in seinem Innersten angerührt und freigesprochen. Sprechen und Sprache sind es, die den Menschen zu sich selbst finden lassen.

Zu Beginn dieses Jahrhunderts besannen sich manche Dichter besonders nachdrücklich auf die ursprünglichen Möglichkeiten der Sprache. In Sprechklängen und Wortlauten gaben sie Kunde von seelischen Regungen, Aufbrüchen und Befreiungen. Die Lautgedichte waren der Beginn der experimentellen Dichtung.
Diese Dichter traten von 1916 an als “Dadaisten” auf den Kulturplan. Ihr Unmut gegen gesellschaftliche Verkrustungen, kulturelle Einseitigkeiten oder einfach die Lust am Wortformen verwandelte sich und wurde zu Skandal und Protest. Die Bürger empörten sich – und genossen den Anlaß.

Viele der experimentellen Dichtungen haben ihre Lebendigkeit bis heute bewahrt – vorausgesetzt, ein Sprecher erweckt sie zum Leben, der nicht nur über ein hohes Maß an sprechtechnischen Fertigkeiten verfügt, sondern der auch Geist und hintergründigen Humor herauszuhören und darzustellen vermag.

Die Mundwerkstadt versteht es als ihre Aufgabe, einem Publikum Texte solcher Dichter vorzustellen, die des lautgesprochenen Vortrags bedürfen. Darum aber auch blieben diese Texte meist unbekannt, weil deren Druckfassung sie “sinnlos” erscheinen ließ. In der Mundwerkstadt wird Dichtung lebendig im Vortrag eines Kunstsprechers.

Ein Kunstsprecher ist weder ein Redner, Rezitator, Schauspieler oder Rundfunksprecher. Aber er bedient sich von Zeit zu Zeit den von diesen Berufsgruppen entwickelten Sprechmöglichkeiten.