Kurt Schwitters: Franz Müllers Drahtfrühling

Der Kunstsprecher Bernd Seydel spricht eine Revolution von Kurt Schwitters

“Da steht ein Mann!” Und wenn da ein Mann steht, wird im Unsinn-Land des Dada gleich ein Menschenauflauf daraus und danach eine Revolution. Der Kunstsprecher Bernd Seydel hat sich dieses merkwürdigen Mannes angenommen. In seinem 80-Minuten-Programm begleitet Seydel ihn auf sprechartistische Weise ins gelobte Kunstland.

Die Stadt Revon, in der sich dieser Mann einstellt, ist umgekehrt verwandt mit Hannover. Hannover ist auch die Geburtsstadt des Dichters und Malers Kurt Schwitters. Er ist der berühmte Merz-Künstler und Erfinder der “Ursonate” für einen Sprecher. Daß er überdies eine ganze Reihe höchst amüsanter Prosatexte geschrieben hat, wissen wenige.

Franz Müller, der auch die nicht weniger berühmte Anna Blume (“Oh, Du geliebte meiner siebenundzwanzig Sinne …”) trifft, erlebt einen eigenartigen Drahtfrühling. Was ein Drahtfrühling ist, erfährt man so ungefähr an diesem Abend, denn Franz Müller verwirrt auch die Sinne seiner Zuhörer nicht unwenig. So ungefähr hätte er sich wohl ausgedrückt.

Der Kunstsprecher Bernd Seydel mit seiner Mundwerkstadt spricht und spielt diese kurzweilige Geschichte von Kurt Schwitters nebst einigen notwendigen Hinzufügungen. Sie besitzt formale Ähnlichkeiten mit einem Rondo, also einem Rundtanz. Von daher ist sie auch ein sprechliches Musikstück, das musikalischen Gesetzen gehorcht. Mit untergründigem Witz und akrobatischen Zungenschlägen ermutigt Seydel seine Zuhörer, über die Welt der Worte und Wörter einen Drahtfrühling erblühen zu lassen.